Jod

Jod

 

Nachdem ihr bei uns schon einiges über Vitamin B12 erfahren könnt, folgen nun wichtige Infos zum Thema Jod, die uns Konstantin von Salat und Stahl in seinem Gastbeitrag zur Verfügung gestellt hat. Konstantin ist auf Fitness und Mikronährstoffe spezialisiert.

Take away

Jod ist wichtig für die Schilddrüse und die Zufuhr sollte weder zu niedrig noch zu hoch sein. Der Tagesbedarf für Erwachsense beträgt 200µgr, für Kinder von 1 bis 4 Jahren 100µgr. Nennenswerte vegane Quellen sind nur iodiertes Salz mit ca. 20µgr/gr und Algen. Das Problem mit Algen ist allerdings, dass deren Jodgehalt stark schwankend ist und nicht auf allen Produkten konkret ausgeschrieben wird. Daher sind Algen als verlässliche Iodquelle nur bedingt geeignet. Kombu z.B. sollte man aufgrund des oft extrem hohen Iodgehaltes eher ausweichen. Der einfachste und sicherste Weg den Bedarf zu decken ist, auf Jodsalz zu verzichten und den Tagesbedarf mit Supplementen einzunehmen.

Einführung

Ich hatte Jod die längste Zeit überhaupt nicht auf dem Radar. Was meine Versorgung mit Mikronährstoffen angeht, habe ich mir höchstens über die üblichen Verdächtigen wie B12, Vitamin D oder Zink Sorgen gemacht. Doch einer der großartigen Aspekte der veganen Ernährung ist ja, dass man nicht umhinkommt, sich mit ALLEM auseinanderzusetzen, was auf den Teller kommt. So zeigte sich dann bei meiner Recherche zu einem völlig anderen Thema die Einsicht, dass ich Jod viel zu lange ignoriert hatte.

Das chemische Element Iod bekam seinen Namen aus dem lateinischen („Veilchenfarben“) für seinen charakteristischen Dampf, den es bei Erhitzung abgibt. Von zentraler Bedeutung ist Jod für die Schilddrüsenhormone, da diese direkt mehrere Iod-Atome enthalten.

Die Reise von Jod (chemisch Iod) in unsere Nahrung beginnt im Boden, wo Jod gespeichert wird (für Algen entsprechend im Wasser). Je nachdem, wie gut die Pflanzen Jod aufnehmen können und wie jodhaltig der Boden ist, enthalten sie dann mehr oder weniger Jod. Der Jodgehalt tierischer Lebensmittel hängt natürlich genauso wie bei uns vom Jodgehalt der gefressenen Pflanzen ab. Aber egal, wie entschlossen sich eine Pflanze an Jod klammert, wenn der Boden jodarm ist, ist es die Pflanze auch. Das Problem ist, dass nicht nur in Deutschland, sondern auch im europäischen Umland, sehr wenig Jod im Boden enthalten ist. Unsere pflanzliche Nahrung ist also folglich auch grundsätzlich jodarm. (Siehe Karte)

FOREGS Iodgehalt europäischer Böden in ppm 1

Erst in den 1980er-Jahren wurden auch in Deutschland Speisesalz und Tierfutter mit Jod als Jod-Prophylaxe angereichert und führten so zu einer deutlichen Besserung der Versorgung.
Trotzdem ist Jod auch heute noch, selbst für Mischköstler*innen, ein kritischer Nährstoff. So haben laut der DONALD-Studie, für die Kinder in Dortmund untersucht wurden und die 2013 veröffentlicht worden ist, mehr als die Hälfte der Sechs- bis 12jährigen nicht die Mengen an Jod zu sich genommen, die von der DGE empfohlen wird.2
Doch Dortmund geht es im globalen Vergleich blendend. Die bekanntesten Folgen von Jodmangel sind der Kropf bei Jugendlichen und Erwachsenen oder eine geistige Unterentwicklung bei Kindern.3

Exkurs: Globaler Iodmangel

Im globalen Süden ist Jodmangel in vielen Ländern noch immer ein verbreitetes Problem, das für Unterentwicklung bei Kindern sorgt. Eine Organisation, die sich die Bekämpfung des Jodmangels zum Ziel gesetzt hat, ist das Iodine Global Network, kurz IGN. Die Nichtregierungsorganisationen GiveWell und TheLifeYouCanSave, die die Effizienz von Hilfsorganisationen auswerten, empfehlen an das IGN zu spenden um einen möglichst große Wirkung zu erzielen.4

Der Jodbedarf

Gemäß der offiziellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung beträgt der Jodbedarf einheitlich 200µgr/Tag für Menschen zwischen 15 und 51. Für  Säuglinge bis zum 4. Lebensmonat liegt er bei 40µgr, bis zum 12. Lebensmonat bereits 80µgr, ab dem ersten Lebensjahr bei 100µgr und steigt von da an bis zum 15. Lebensjahr ca. alle drei Jahre um weitere 20µgr. Schwangere haben einen leicht erhöhten Bedarf von 230µgr, Stillende sogar von 260µgr, damit Säuglinge über die Muttermilch ausreichend mit Jod versorgt werden. Mit Beginn der Beikost sollte dann auf eine ausreichende Jodzufuhr beim Kind geachtet werden.
Die EFSA hat allerdings auch eine Obergrenze von 600 µgr/Tag festgelegt. Das Problem mit Jod ist nämlich, dass auch eine Überdosierung nicht gesundheitsfördernd ist und je nachdem zu einer Schilddrüsenunterfunktion mit oder ohne Kropf oder zu einer Schilddrüsenüberfunktion führen kann.5

Jodgehalt in Lebensmitteln

Neben Pflanzen, die in Deutschland nur einen geringen Anteil Jod beinhalten, enthalten jodiertes Salz und Algen noch nennenswerte Mengen an Jod für Veganer*innen.

Die mitunter problematische Bedarfsdeckung wird neben der fehlenden Kennzeichnung des Jodgehaltes u.a. auf Algenprodukten dadurch verschärft, dass der Anteil der Unternehmen, die jodiertes Speisesalz verwenden, zurückgeht und mittlerweile geschätzt unter 30% liegt.6

Was für Mischköstler*innen also ein potenzielles Problem darstellt, ist für vegan lebende Menschen ziemlich sicher eines. Denn zu den wichtigsten Jodquellen der Nahrung zählen neben Fisch z.B. Kuhmilch (mit durchschnittlich 27-47 µg/kg) und Hühnereier (mit durchschnittlich 93 µg/kg).7Da diese tierischen Produkte für uns Pflanzenfresser wegfallen, bleiben nur jodiertes Speisesalz und Algen.

Jodiertes Speisesalz enthält gewöhnlich 20µgr Jod pro Gramm. In welchen Produkten es enthalten ist, ist aber eben nicht ausgewiesen und um den Bedarf nur mit Salz zu decken, müsste sehr viel davon konsumiert werden.

Sehr enttäuschend sind vor allem meine persönlichen Hoffnungsträger: Algen. Denn deren Jodgehalt schwankt so sehr, dass die gezielte Bedarfsdeckung von Jod mit Algen dem Versuch gleicht, seinen Lebensunterhalt abwechselnd mit Jahrmarkt-Tombolas und russischem Roulette decken zu wollen.8 Während Nori (wird gerne von Sushirollen getragen) noch verhältnismäßig wenig Jod enthält, ist es mit Wakame oder mit frisch geerntetem Kombu (in der verlinkten Studie gemessen mit ca. 6571µg/g) recht leicht überzudosieren. Das schmerzt mich als Ramen-Fan natürlich sehr, denn die vegane Variante der Suppenbasis Dashi wird aus Shitake-Pilzen und Kombu gekocht.

Wie kann man denn sonst den Jodbedarf decken?

Die einfachste und berechenbarste Möglichkeit den Bedarf zu decken ist durch Supplemente, wenn neben dem Verzicht auf tierische Produkte auch weder Iodsalz noch Algen verzehrt werden. Da dann kaum sonstige Nahrung Iod liefert, ist das Ziel von 200 µgr/Tag mit Supplementen recht präzise zu treffen.

Wer hauptsächlich selbst kocht, jodiertes Salz verwendet und die Menge nachverfolgen kann, könnte auch so die Aufnahme recht genau steuern. Allerdings würde man, wenn man das Salz nicht mit Supplementen kombiniert, auch schnell die empfohlene Menge an Kochsalz von 6gr/Tag überschreiten.9
Wer, wie ich, gerne Algen konsumiert ist allerdings gekniffen, da oft völlig unklar ist, wieviel Jod in den jeweiligen Produkten tatsächlich enthalten ist. Ist der genaue Jodgehalt unbekannt, sind Algen aufgrund der mangelnden Dosierbarkeit zur Bedarfsdeckung ungeeignet.10

Ich persönlich halte es so, dass ich die empfohlenen 200 µgr/Tag supplementiere, kaum außerhalb esse und auch kein Iodsalz benutze. An den Tagen an denen ich japanisch esse, also mit Nori oder Wakame-Algen, lasse ich die Supplemente weg. Was Kombu angeht, ist der sichere Weg komplett darauf zu verzichten, außer der Iodgehalt ist ausgewiesen.

Doch neben den Unwägbarkeiten der Algen gibt es noch andere Schwierigkeiten. So sorgen z.B. verschiedene Stoffe im Zigarettenrauch dafür, dass weniger Iod aufgenommen werden kann.11
Auch gewisse Stoffe aus Kreuzblütlern (Brokkoli, Kohl, Rosenkohl…) und Soja können die Jodabsorbtion beeinflussen. Allerdings sind bei intakter Schilddrüse und ausreichender Versorgung mit Jod keine negativen Auswirkungen zu befürchten.12

Wer sich also aufgrund des persönlichen Algenverzehrs, Zigarettenkonsums, vorliegender Schilddrüsen-Probleme oder irgendwelcher anderen Gründen unsicher ist, sollte einfach das Gespräch mit dem Hausarzt/der Hausärztin suchen und die Jodversorgung sowie Schilddrüsenfunktion testen lassen.

Buchempfehlung: Niko Rittenau – Vegan-Klischee ade!

Quellen:

1 https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1674987111000193#fig9
2 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22736170
3 https://www.bfr.bund.de/de/jodversorgung_in_deutschland_wieder_ruecklaeufig___tipps_fuer_eine_gute_jodversorgung-128626.html
4 https://www.ign.org/
5 http://www.efsa.europa.eu/sites/default/files/efsa_rep/blobserver_assets/ndatolerableuil.pdf (S. 142, 147)
6 https://www.dge.de/presse/pm/jodunterversorgung-wieder-auf-dem-vormarsch
7 http://www.efsa.europa.eu/sites/default/files/efsa_rep/blobserver_assets/ndatolerableuil.pdf
8 https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/thy.2004.14.836
9 https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/faqs/salz/#c2587
10 https://www.bfr.bund.de/de/jodversorgung_in_deutschland_wieder_ruecklaeufig___tipps_fuer_eine_gute_jodversorgung-128626.html
11 siehe 10.
12 https://www.liebertpub.com/doi/abs/10.1089/thy.2006.16.249

Medical Disclaimer: Wir sind weder Ernährungsberater*innen, noch Ärzt*innen. Dieser Blogartikel ersetzt keine fachliche Beratung. Die Informationen sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen worden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert